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Das Geschenk der Menschlichkeit

Autorenbild: Jens Alsleben Stark im SturmJens Alsleben Stark im Sturm

Anna lehnte sich in ihrem Bürostuhl zurück und starrte auf das Zitat, das an ihrer Wand hing: „Charakter zeigt sich nicht in der Macht, die man hat, sondern darin, wie man sie nutzt.“


„Das ist ein hübscher Spruch“, murmelte Gustav von der Fensterbank aus und gähnte ausgiebig. „Aber hast du ihn jemals in die Praxis umgesetzt?“


Anna blickte zu ihm hinüber. „Was meinst du damit?“


Gustav streckte sich und ließ sich dann lässig auf der Fensterbank nieder. „Du bist eine erfolgreiche Managerin mit Einfluss, Status und einem Netzwerk, um das dich viele beneiden. Aber was machst du damit, um anderen das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind?“


Anna runzelte die Stirn. „Ich lobe meine Mitarbeiter, wenn sie gute Arbeit leisten. Das zählt, oder?“


Gustav schüttelte den Kopf, dass seine grünen Augen im Licht funkelten. „Natürlich zählt das. Aber ich spreche von etwas Tieferem – von echter Menschlichkeit und Gnade.“


„Gnade?“ Anna lachte überrascht. „Jetzt wirst du aber philosophisch.“


„Hast du schon mal von Jimmy Carter gehört?“, fragte Gustav mit einem wissenden Blick.


„Der ehemalige US-Präsident? Natürlich. Er war bekannt für seine Friedensmissionen und humanitäre Arbeit nach seiner Amtszeit.“


Gustav nickte zufrieden. „Genau der. Aber weißt du, was er auf jedem einzigen Flug gemacht hat, den er nach seiner Präsidentschaft unternommen hat?“


Anna dachte nach und schüttelte dann den Kopf. „Keine Ahnung.“


„Er ist durch die Reihen gegangen und hat jedem Passagier die Hand geschüttelt“, erzählte Gustav. „Egal, wer sie waren oder wohin sie gingen, er hat sie persönlich begrüßt. Das hat er fast fünfzig Jahre lang gemacht.“


Anna öffnete überrascht den Mund. „Wow… Das ist beeindruckend. Warum hat er das gemacht?“


„Weil er verstanden hat, dass er etwas hatte, das andere nicht hatten – den Status eines ehemaligen Präsidenten. Und er hat diesen Status genutzt, um anderen das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind.“ Gustav legte den Kopf schief. „Das ist echte Größe. Er hat seine Macht nicht zur Schau gestellt, sondern dazu genutzt, Herzen zu berühren.“


Anna lehnte sich zurück und ließ sich das durch den Kopf gehen. „Und ich… ich nutze meine Macht und meinen Einfluss nur, um Ergebnisse zu erzielen.“


„Ergebnisse sind wichtig, keine Frage“, räumte Gustav ein. „Aber das Herz eines Menschen zu berühren? Das bleibt.“


„Also… wie würdest du das anstellen?“, fragte Anna neugierig.


Gustav sprang von der Fensterbank und stolzierte mit erhobenem Kopf durch das Büro. „Du könntest zum Beispiel deine Plattform nutzen, um die Erfolge deines Teams öffentlich hervorzuheben – nicht nur in Meetings, sondern auf eine Weise, die andere inspiriert. Du könntest dein Netzwerk nutzen, um Verbindungen zu schaffen, die jemandem in deinem Team Türen öffnen, von denen er nie zu träumen gewagt hätte.“


„Und was noch?“, fragte Anna, während sie gedankenverloren mit ihrem Stift spielte.


„Du könntest deine Zeit investieren“, sagte Gustav und sah sie ernst an. „Ein persönliches Gespräch, ein aufrichtiges Dankeschön oder einfach nur das Zuhören – das sind Gesten, die mehr bewirken als jede Gehaltserhöhung.“


„Das klingt so… simpel.“


„Das ist es auch“, schnurrte Gustav. „Aber gerade weil es so simpel ist, tun es die wenigsten. Jimmy Carter hat es getan, und deshalb wird er nicht nur als Präsident, sondern als Mensch in Erinnerung bleiben.“


Anna schaute wieder auf das Zitat an ihrer Wand und flüsterte: „Charakter zeigt sich nicht in der Macht, die man hat, sondern darin, wie man sie nutzt…“


„Genau“, bestätigte Gustav. „Und du hast alles, was du brauchst, um anderen das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind. Die Frage ist nur: Wirst du es tun?“


Anna lächelte. „Ich denke, ich werde es versuchen. Danke, Gustav.“


„Wofür?“ Gustav grinste schelmisch. „Ich bin doch nur ein kleiner Säbelzahntiger mit großen Ideen.“


„Und einem noch größeren Herzen“, fügte Anna leise hinzu, während sie ihren Laptop zuklappte und sich auf den Weg machte, etwas mehr Menschlichkeit in ihre Führungsrolle zu bringen.


 

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