Frohes neues Jahr und willkommen beim zweiten „ Im Dialog mit Gustav“.
Die Geschichte in diesem Monat greift wieder die Inhalte der beiden Podcastepisoden aus Dezember (Folge 9 & Folge 10) auf. Sie ist wie immer wissenschaftlich fundiert und verlinkt auf Quellen, die das Thema vertiefen und den Hintergrund stärken – damit die Lehren nicht nur unterhaltsam, sondern auch nachhaltig wirken.
An dieser Stelle nochmal einen großen Dank an Dorothea von Wichert-Nick, die in diesem Monat unser erster Gast war.
Nach der Geschichte werdet Ihr die gesamte Recherche noch einmal als Fließtext wiederfinden, wenn euch also nur die Fakten interessieren, könnt ihr die Geschichte überspringen. Gerade in einer Zeit, die uns oft an unsere Grenzen bringt, steht Gustav als Spiegel für alltägliche Herausforderungen und zeigt, wie sich der Säbelzahntiger in uns selbst zähmen lässt.
Viel Spaß beim Lesen und ich freue mich auf Eure Kommentare.
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In diesem Sinne lassen wir Gustav nun wieder selbst zu Wort kommen:
Anna starrte auf die Agenda des heutigen Meetings und seufzte. Marketing und Vertrieb wurden zusammengerufen, um die Ursachen für die sinkenden Umsätze zu analysieren. Die Luft im Konferenzraum war schon vor Beginn geladen. Der perfekte Schauplatz für einen Auftritt von Gustav, ihrem geschrumpften Säbelzahntiger. Kaum hatte sie daran gedacht, sprang Gustav auf den Tisch und schnurrte: „Na, Anna? Bereit für ein kleines Abenteuer?“
„Abenteuer?“, fragte Anna skeptisch. „Du meinst, eine weitere Runde ‘Silo gegen Silo’?“
Gustav grinste. „Nicht, wenn du die Regeln änderst. Lass uns mal schauen, wie wir die Tiger zähmen können.“
Das Meeting begann, und wie erwartet flogen die ersten Vorwürfe hin und her. Der Vertrieb warf dem Marketing mangelnde Unterstützung vor, während das Marketing auf unklare Zielvorgaben des Vertriebs verwies. Gustav flüsterte: „Hör zu, Anna. Der erste Schritt ist Verstehen, nicht Verteidigen.“
Anna nahm sich Gustavs Rat zu Herzen. Sie lehnte sich zurück, hörte zu und stellte offene Fragen. „Könnt ihr genauer erklären, welche Unterstützung ihr euch gewünscht hättet?“ fragte sie den Vertriebsleiter. Seine Antwort war überraschend konkret und zeigte, dass viele Missverständnisse durch unklare Kommunikation entstanden waren.
Gustav klatschte begeistert mit seinen winzigen Pfoten. „Genau so! Jetzt kommt der nächste Schritt: Gemeinsamkeiten finden.“
Anna nickte. Sie lenkte die Diskussion auf die gemeinsamen Ziele. „Wir wollen alle das Gleiche: bessere Umsätze und zufriedenere Kunden. Wie können wir zusammenarbeiten, um das zu erreichen?“
Die Stimmung begann sich zu wandeln. Marketing und Vertrieb tauschten konkrete Ideen aus. Gustav schnurrte zufrieden. „Siehst du, Anna? Ein bisschen Perspektivübernahme wirkt Wunder.“
Als das Meeting endete, wurde eine neue Arbeitsgruppe gebildet, die beide Abteilungen vertreten sollte. Anna spürte eine ungewohnte Leichtigkeit. „Das war einfacher, als ich dachte“, sagte sie zu Gustav, während sie den Konferenzraum verließ.
Gustav sprang auf ihre Schulter. „Genau. Konflikte sind wie wilde Säbelzahntiger: Zähme sie, und sie können dir helfen, dein Ziel zu erreichen.“
Doch Gustav war noch nicht fertig. „Weißt du, Anna, der echte Erfolg liegt darin, solche Konflikte gar nicht erst aufkommen zu lassen. Lass uns die Sache noch ein bisschen weiterdenken. Stell dir vor, jedes Teammitglied würde Zeit in der anderen Abteilung verbringen. Sie würden nicht nur die Prozesse besser verstehen, sondern auch die Menschen hinter den Zahlen und Berichten.“
Anna schmunzelte. „Du meinst also, wir sollten eine Art Austauschprogramm starten?“
Gustav nickte enthusiastisch. „Genau! Und nicht nur das. Wie wäre es mit gemeinsamen Projekten, bei denen jede Abteilung ihre Stärken einbringen kann? Das würde nicht nur die Zusammenarbeit verbessern, sondern auch neue Ideen fördern.“
Am nächsten Tag präsentierte Anna die Idee im Management-Meeting. Die Reaktionen waren zunächst gemischt, doch nach einer lebhaften Diskussion stimmten die meisten zu, dass es einen Versuch wert sei. Ein erster Schritt war, dass Mitarbeiter des Marketings an Vertriebstreffen teilnahmen und umgekehrt. Die Ergebnisse waren beeindruckend:
Missverständnisse wurden reduziert, und die Zusammenarbeit verbesserte sich spürbar.
Nach einigen Wochen traf sich Anna erneut mit Gustav. „Du hattest recht, Gustav. Diese kleinen Änderungen haben einen großen Unterschied gemacht. Die Teams arbeiten viel harmonischer zusammen.“
Gustav schnurrte zufrieden. „Siehst du, Anna? Manchmal braucht es nur ein wenig Mut und Kreativität, um alte Muster zu durchbrechen. Und denk daran, jeder gezähmte Säbelzahntiger bringt dich deinem Ziel näher.“
Anna sah hinaus auf die geschäftige Büroetage. Sie wusste, dass noch viele Herausforderungen auf sie warteten, aber mit Gustav an ihrer Seite fühlte sie sich bereit, sie alle zu meistern.
Gemeinsam mit ihrem kleinen, weisen Begleiter war sie fest entschlossen, die Zusammenarbeit in ihrem Unternehmen weiter zu verbessern – eine Säbelzahntigerlänge nach der anderen.
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Recherche zu intergruppalem Verhalten
Intergroup Forgiveness (1)
Intergroup Forgiveness bezieht sich auf den Prozess, bei dem Menschen die Bereitschaft entwickeln, auf Groll, negative Urteile und Gleichgültigkeit gegenüber einer Gruppe zu verzichten, die ihnen ungerecht geschadet hat. Dieser Prozess ist besonders relevant in Fällen von Konflikten zwischen Gruppen, wie z. B. bei Bürgerkriegen, internationalen Streitigkeiten oder langanhaltenden Konflikten innerhalb einer Gesellschaft. Trotz eines Endes der Feindseligkeiten bleiben oft Misstrauen und Ressentiments zwischen den beteiligten Gruppen bestehen. Die Forschung untersucht, welche Faktoren diesen Vergebungsprozess erleichtern oder behindern können.
Empathie
Empathie fördert intergroup forgiveness, da sie mitfühlende und warme, auf andere bezogene Emotionen beinhaltet. Sie hilft dabei, Spannungen zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Ansichten zu lindern.
Perspektivübernahme, als Teil der Empathie, ist ein Prädiktor für intergroup forgiveness. Dieser Teil der Empathie und Empathie insgesamt entsteht sehr schwer in zwischenstaatlichen Konflikten, wodurch eine Lösung dieser Konflikte behindert wird.
In interpersonalen Kontexten konnten Studien zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Empathie und Vergebung bei Frauen stärker ist als bei Männern. Unklarheiten bestehen aber noch, wie stark der Zusammenhang zwischen Empathie und intergroup forgiveness in unterschiedlichen Umständen ist.
Negative Emotionen
Wut ist ein Haupthindernis für intergroup forgiveness. Eine Reduktion von Wut ist ein entscheidender erster Schritt zur Vergebung nach intensiven Konflikten. Neben Wut ist auch Angst ein häufiges Gefühl in unterdrückten Gruppen. Angst kann Vertrauen, Empathie und wohlwollende Zuschreibungen hemmen. Negative Emotionen wie Angst und Wut hindern tendenziell die Vergebung, aber einige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Angst auch Vergebung fördern kann. Die Studienlage zum Zusammenhang zwischen negativen Emotionen und intergroup forgiveness ist momentan noch unklar.
Collective Guilt
Tätergruppen können emotionale Signale wie collective Guilt an die Opfergruppe senden. Collective Guilt zeigt, dass die Tätergruppe das zugefügte Leid anerkennt und signalisiert, dass der Schaden nicht wiederholt wird. Collective Guilt entsteht, wenn Gruppenmitglieder sich für die Vergehen anderer in ihrer Gruppe verantwortlich fühlen, und kann Wiedergutmachung fördern. Fehlendes Bedauern und Rechtfertigungen der Tätergruppe hindern die Vergebung. Collective Guilt hängt mit dem Ausmaß des zugefügten Schadens, der Verantwortung, der moralischen Bewertung der Taten und den möglichen Vorteilen einer besseren Beziehung zur Opfergruppe zusammen. Hierbei führt mehr Collective Guilt zu mehr Intergroup Forgiveness. Forgiveness erfordert jedoch oft Zugeständnisse von beiden Seiten. Der direkte Zusammenhang zwischen Collective Guilt und Forgiveness ist noch unklar, da Schuld oft über Wiedergutmachung wirkt.
Vertrauen
Vertrauen wird interdisziplinär unterschiedlich definiert, aber gemeinsame Themensind positive Informationsverarbeitung und das Vertrauen in zukünftiges wohlwollendes Verhalten. Vertrauen in eine Tätergruppe birgt mehr Risiko als nur eine positive Einstellung für die Opfer, da es voraussetzt, dass zukünftige Beziehungen nicht ausgenutzt werden. Vertrauen in die Einhaltung positiver intergruppaler Beziehungen fördert Intergroup Forgiveness. Forschung zeigt, dass Vertrauen Vergebung erleichtert. Vertrauen kann entweder eine Voraussetzung oder ein Ergebnis von Vergebung sein. Die Meta-Analyse untersucht die Stärke des Zusammenhangs zwischen Vertrauen und Intergroup Forgiveness und zeigt einen positiven Zusammenhang, klärt aber nicht die Kausalität.
Wahrgenommene Opferrolle
Kompetitives Opferbewusstsein beschreibt die Überzeugung, dass die eigene Gruppe mehr ungerechtes Leid als eine Fremdgruppe erlitten hat. Ein stärkeres Wahrnehmen der eigenen Opferrolle sagt tendenziell eine geringere intergruppale Vergebung voraus. Gleichzeitig verstärkt die Wahrnehmung von Opferbewusstsein die Angst vor zukünftiger Ausbeutung und vermindert das Vertrauen. Je ungerechter das wahrgenommene Vergehen erscheint, desto unwahrscheinlicher wird Vergebung. Forschungsergebnisse unterstützen den Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Opferrolle und Vergebung, wobei eine Analyse die Stärke dieses Zusammenhangs und mögliche Moderatoren untersucht. So könnte das Geschlecht als Moderator wirken, da Männer und Frauen unterschiedliche Arten von Konflikten erfahren und verarbeiten.
Entschädigung
Entschuldigungen, Wiedergutmachungen und Reparationen können dazu beitragen, den erlittenen Schaden anzuerkennen, Verantwortung zu übernehmen und zu signalisieren, dass ein solches Unrecht in Zukunft nicht wiederholt wird. Diese Maßnahmen fördern in der Regel Vertrauen und intergruppale Vergebung. Allerdings zeigen einige Studien, dass Entschuldigungen zwar Reue ausdrücken, aber nicht immer zu Vergebung führen. In Südafrika führten Entschuldigungen zu mehr Vergebung als Ausreden, jedoch war der Effekt nur gering. In extremen Konflikten wirken Entschuldigungen oft unaufrichtig oder politisch motiviert, was ihre Wirkung abschwächt. Die Forschung liefert gemischte Ergebnisse in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Wiedergutmachungen und Vergebung.
Intergroup Contact (2)
Ethnische und religiöse Konflikte sind oft besonders gewalttätig und langwierig, insbesondere seit dem Zweiten Weltkrieg. Selbst nach Friedensabkommen bleiben postkonfliktive Gesellschaften fragil, geprägt von Misstrauen, Verdacht, Groll und Selbstsegregation. Dieser Artikel beleuchtet den Beitrag des Oxford Centre for the Study of Intergroup Conflict (OCSIC) zur Reduzierung von Vorurteilen und Lösung von Konflikten durch intergruppalen Kontakt. Der Fokus liegt auf sozialpsychologischen Faktoren wie dem intergruppalen Kontakt, der als zentral für die Reduzierung von Vorurteilen und gewaltsamen Konflikten gesehen wird.
Direkter Kontakt
Gordon Allport prägte 1954 den Begriff der Kontakthypothese und schlug vor, dass intergruppaler Kontakt Vorurteile reduzieren und Beziehungen verbessern kann, wenn vier optimale Bedingungen erfüllt sind:
1. Gleicher Status der Individuen in der Kontaktsituation
2. Kooperation zwischen den Gruppen in der Kontaktsituation
3. Gemeinsame Ziele der Gruppen sowie
4. Institutionelle Unterstützung, die den Kontakt legitimiert.
Allports Hypothese hatte großen Einfluss und inspirierte umfangreiche empirische Forschung. Verschiedene Forschungsmethoden wie Feldstudien, Laborexperimente und Längsschnittstudien haben die Hypothese untersucht und erweitert. Die Ergebnisse dieser Forschungen hatten einen großen Einfluss auf die Sozialpolitik in vielen Ländern.
Auswirkungen von direktem Kontakt
Die vorurteilsreduzierende Wirkung von Kontakt ist gut belegt, insbesondere durch Pettigrew und Tropps Meta-Analyse von 515 Studien, die einen signifikanten negativen Zusammenhang zwischen Kontakt und Vorurteilen zeigen. Der durchschnittliche Effekt (r = .22) zeigt, dass Kontakt ein wirksames Mittel zur Reduzierung von Vorurteilen ist, auch wenn er von Faktoren wie Kontaktbedingungen, Zielgruppe und Gruppenstatus beeinflusst wird. Situationen, die Allports optimale Bedingungen erfüllten, zeigten eine stärkere Vorurteilsreduktion, aber positive Effekte waren auch ohne diese Bedingungen zu beobachten. Der Effekt von Kontakt auf Vorurteile ist bei Mitgliedern benachteiligter Gruppen schwächer (r = .18) als bei Mitgliedern dominanter Gruppen (r = .23). Kontakt funktioniert für Minderheiten- und Mehrheitsgruppen gleichermaßen, und bedeutungsvoller, wiederholter Kontakt, der Freundschaften fördert, verstärkt den Effekt. Ein Großteil der Studien basiert auf Querschnittsdaten, was die Aussagekraft über kausale Zusammenhänge einschränkt, aber neuere Längsschnitt- und experimentelle Studien belegen die kausale Wirkung von Kontakt auf Vorurteilsreduktion. Studien in schwierigen Kontexten wie Nordirland zeigen, dass Kontakt Vorurteile in postkonfliktiven Gesellschaften trotz jahrzehntelanger Gewalt und Segregation verringern kann.
Mediatoren von direktem Kontakt
Intergroup Anxiety
Intergruppale Angst bezieht sich auf das Unbehagen und die Nervosität, die bei intergruppalen Begegnungen auftreten. Stephan und Stephan (1985) argumentierten, dass diese Angst sowohl bei der Erwartung zukünftiger Kontakte als auch bei tatsächlichen Begegnungen mit Mitgliedern anderer Gruppen entsteht. Studien, wie die von Islam und Hewstone (1993) in Bangladesch, zeigten, dass intergruppale Angst die Beziehung zwischen Kontakt und Vorurteilen vermittelt. Um Mediation vollständig zu testen, muss ein Prädiktor (z.B. Kontakt), ein Mediator (z.B. Angst) und ein Ergebnis (z.B. Einstellungen) in mehreren Wellen gemessen werden. Swart et al. (2011) fanden in Südafrika heraus, dass intergruppale Freundschaften zwischen „Colored“ und weißen Schülern Ängste reduzierten und positive Einstellungen förderten. Freundschaften zwischen Gruppen haben besonders starke Auswirkungen auf die Vorurteilsreduktion, wie Studien in Nordirland bei Katholiken und Protestanten gezeigt haben.
Empathie
Empathie ist die Fähigkeit, die Gefühle einer anderen Person zu teilen und zu verstehen. Empathie ist ein stellvertretender emotionaler Zustand, der durch das Beobachten der Gefühle und Situationen anderer hervorgerufen wird. Laut Pettigrew und Tropps (2008) Meta-Analyse ist Empathie ein starker und konsistenter Vermittler des Kontakts zwischen Gruppen. Empathie hilft, die Gruppenzugehörigkeit hervorzuheben und erinnert daran, welche Erfahrungen eine Person als Mitglied einer Außengruppe macht. In einer Längsschnittstudie von Swart et al. (2011) wurde gezeigt, dass Freundschaften zwischen Gruppen durch affektive Empathie und reduzierte intergruppale Angst Vorurteile verringerten.
Gruppenorientierte wahrgenommene Gefahren
Intergruppale Beziehungen sind nicht nur durch individuelle Sorgen, wie Unbehagen bei intergruppalen Interaktionen, geprägt, sondern auch durch die Wahrnehmung, dass die Fremdgruppe eine Bedrohung für die Eigengruppe darstellt. Intergruppale Angst ist individuell orientiert, während realistische und symbolische Bedrohungen gruppenorientiert sind, wie der Verlust von Macht oder Veränderungen im Glaubenssystem. Symbolische Bedrohungen betreffen Werte und Überzeugungen der Eigengruppe, während realistische Bedrohungen politische und wirtschaftliche Macht betreffen. Forschung zeigt, dass intergruppaler Kontakt wahrgenommene Bedrohungen reduzieren kann, was wiederum Vorurteile abbaut. In Studien auf Zypern und in Nordirland wurde gezeigt, dass Kontakt sowohl realistische als auch symbolische Bedrohungen verringert und so zu besseren intergruppalen Einstellungen führt. Die Qualität des Kontakts hat einen indirekten Effekt auf Vorurteile und wird durch reduzierte symbolische Bedrohungen und intergruppale Angst vermittelt, insbesondere für Personen mit starker Identifikation mit ihrer Eigengruppe. In Malaysia zeigte eine Studie, dass intergruppaler Kontakt zwischen Minderheiten die Wahrnehmung realistischer Bedrohungen zwischen ihnen verringert und somit positivere Einstellungen förderte. Mehrheitengruppen, die politische Macht besitzen, empfinden symbolische Bedrohungen seltener, daher wirkt sich Kontakt für sie weniger stark auf die Bedrohungswahrnehmung aus.
Erweiterter Kontakt
Direkter intergruppaler Kontakt hat bewiesene positive Effekte auf die Reduzierung von Vorurteilen, jedoch ist er eingeschränkt, da er nur dann möglich ist, wenn Mitglieder verschiedener Gruppen die Gelegenheit zu direkten, persönlichen Begegnungen haben. Wenn Menschen nicht im selben Viertel wohnen, dieselbe Schule besuchen oder am selben Arbeitsplatz sind, haben sie oft keine Möglichkeit, mit Mitgliedern der Fremdgruppe in Kontakt zu kommen oder Freundschaften zu entwickeln. Aufgrund praktischer Hindernisse wie Segregation oder Konflikten werden alternative, weniger direkte Kontaktformen untersucht. Erweiterter Kontakt ist eine indirekte Kontaktform, bei der ein Individuum von den Kontakten eines Mitglieds der Eigengruppe zu Mitgliedern der Fremdgruppe erfährt. Wright et al. (1997) schlugen vor, dass erweiterte Freundschaften effektiver und leichter umzusetzen sind als direkte Freundschaften.
Auswirkungen von erweitertem Kontakt
Wright et al. (1997) lieferten sowohl korrelative als auch experimentelle Beweise für den positiven Effekt von erweitertem Kontakt. Menschen, die mindestens ein Eigengruppenmitglied mit einem Freund in der Fremdgruppe kannten, berichteten von weniger Vorurteilen gegenüber der Fremdgruppe. Je mehr Mitglieder der Eigengruppe Freunde in der Fremdgruppe hatten, desto geringer war das Vorurteil. Die Mechanismen des erweiterten Kontakts umfassen:
1. Gruppenzugehörigkeit ist bei Beobachtern besonders auffällig, was die Generalisierung positiver Einstellungen auf die gesamte Fremdgruppe erleichtert.
2. Intergruppale Angst ist geringer, wenn man eine Interaktion nur beobachtet, im Vergleich zu direkter Beteiligung.
3. Positive Interaktionen zwischen Gruppenmitgliedern können Normen bezüglich intergruppaler Beziehungen in der Eigen- und Fremdgruppe verändern.
4. Inklusion des Anderen im Selbst: Der erweiterte Kontakt fördert die Wahrnehmung einer stärkeren Verbindung zwischen Eigen- und Fremdgruppe.
Empirische Studien belegen, dass Menschen, die von intergruppalen Freundschaften wissen, weniger Vorurteile haben, selbst wenn sie keinen direkten Kontakt mit der Fremdgruppe haben.
Intergroup Conflict (3)
Intergruppen-Konflikte treten auf, wenn es wahrgenommene Unvereinbarkeiten in Zielen oder Werten zwischen zwei oder mehr Parteien gibt, die kombiniert mit Versuchen, sich gegenseitig zu kontrollieren, und antagonistischen Gefühlen auftreten. Diese Konflikte basieren nicht auf individuellen Differenzen, sondern auf der sozialen Identifikation der Individuen mit ihren Gruppen.
Zu den Hauptursachen von Intergruppen-Konflikten gehören wirtschaftliche Konflikte, die durch den Wettbewerb um knappe Ressourcen wie Güter, Dienstleistungen oder Geld entstehen. Wertkonflikte resultieren aus unterschiedlichen Überzeugungen, Ideologien oder Lebensweisen. Machtkonflikte entstehen durch den Kampf um Einfluss und Kontrolle in den Beziehungen zwischen Gruppen, während Bedürfnis-Konflikte durch Ungleichheiten in der Erfüllung grundlegender menschlicher Bedürfnisse wie Sicherheit, Identität, Freiheit und Gerechtigkeit verursacht werden.
Sozialpsychologische Theorien bieten wichtige Erklärungen für das Entstehen von Intergruppen-Konflikten. Die Realistische Gruppenkonflikttheorie betont, dass objektive Interessenskonflikte der Hauptgrund für Konflikte sind. Die Soziale Identitätstheorie zeigt, dass bereits die bloße Kategorisierung von Menschen in Gruppen ausreicht, um Diskriminierung hervorzurufen. Ethnozentrismus beschreibt die Tendenz, die eigene Gruppe zu glorifizieren und andere Gruppen zu diskriminieren, was Konflikte weiter verschärft.
Konflikte eskalieren oft, wenn Parteien verstärkt Zwangsmittel einsetzen und neue Streitpunkte hinzukommen. Gegenseitige Bedrohungen verstärken sich und führen zu wachsendem Misstrauen und Feindseligkeit. Diese Eskalation mündet häufig in eine „self-fulfilling prophecy“, bei der Abwehrmaßnahmen als Aggression wahrgenommen werden und dadurch weitere Feindseligkeiten auslösen.
Widerstände gegen die Konfliktlösung ergeben sich aus psychologischen und strukturellen Veränderungen, wie verstärkter Feindseligkeit und Normen, die Aggression fördern. Ein Phänomen, das solche Widerstände begünstigt, ist die Deindividuation: Mitglieder der gegnerischen Gruppe werden nicht mehr als Individuen wahrgenommen, sondern als anonyme Mitglieder einer feindlichen Gruppe. Überbindung und Verstrickung führen dazu, dass Parteien ihren destruktiven Kurs beibehalten, um vergangene Verluste zu rechtfertigen.
Für die Lösung von Intergruppen-Konflikten ist es notwendig, diese sowohl auf objektiver als auch auf subjektiver Ebene anzugehen. Dritte Parteien spielen hierbei eine entscheidende Rolle, da sie als unparteiische und kompetente Vermittler fungieren können. Konfliktinterventionen müssen dabei kulturell sensibel und an die jeweilige Eskalationsstufe angepasst sein.
Der Prozess der Konfliktlösung umfasst verschiedene Phasen. In der Analysephase werden die beteiligten Parteien, ihre Interessen, Bedürfnisse sowie kulturellen Unterschiede identifiziert. In der Konfrontationsphase erfolgt eine direkte Auseinandersetzung mit den Differenzen, wobei gegenseitiger Respekt und kooperative Problemlösung im Vordergrund stehen. In der Lösungsphase wird die Beziehung zwischen den Gruppen so transformiert, dass die gefundenen Lösungen nachhaltig und selbstkorrigierend sind.
Gruppenprozesse spielen dabei eine wichtige Rolle. Gruppenzusammenhalt kann Konflikte sowohl fördern als auch bei der Lösung helfen. Gruppennormen und -druck beeinflussen das Verhalten der Gruppenmitglieder im Umgang mit Konflikten. Besonders problematisch ist das Phänomen des Gruppendenkens, bei dem in sehr kohäsiven Gruppen das Streben nach Einmütigkeit zu schlechten Entscheidungen führt, die den Konflikt verschlimmern können.
Abschließend lassen sich auch Implikationen für das Training ableiten. Es besteht ein Bedarf an qualifizierten Fachleuten, die in der Lage sind, Intergruppen-Konflikte zu analysieren, zu konfrontieren und zu lösen. Ein solches Training sollte Kommunikations-, Problemlösungs- und Beratungsfähigkeiten umfassen, um den Prozess der Konfliktlösung erfolgreich zu gestalten.
Social Identity (4)
Soziale Identität und Intergruppen-Konflikte untersuchen die Gründe für soziale Identifikation und deren Einfluss auf die Selbstwahrnehmung, den gesellschaftlichen Status und intergruppenbezogene Konflikte. Soziale Identität spielt eine zentrale Rolle in den intergruppalen Dynamiken von Individuen, wobei Konflikte sowohl aus objektiven als auch aus psychologischen Faktoren resultieren können.
Die Theorie der sozialen Identität erklärt das Kontinuum zwischen dem persönlichen und dem sozialen Selbst, bei dem Individuen zwischen persönlichen Standards und Gruppennormen schwanken. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe vermittelt ein Gefühl der Zugehörigkeit und schützt das Selbstwertgefühl durch Bevorzugung der eigenen Gruppe.
Mitglieder von Gruppen mit hohem Status entwickeln oft positive Stereotype über ihre eigene Gruppe, während Mitglieder von Gruppen mit niedrigem Status soziale Mobilität anstreben oder sich an sozialer Kreativität beteiligen, um ihre Stellung zu verbessern. Diese Strategien können jedoch unbeabsichtigte Folgen haben, wie etwa die Verstärkung des niedrigen Status einer Gruppe oder die Förderung von Konkurrenz innerhalb der Gruppe.
Während die realistische Gruppenkonflikttheorie davon ausgeht, dass der Wettbewerb um Ressourcen intergruppale Voreingenommenheit verursacht, besagt die Theorie der sozialen Identität, dass Konflikte auch ohne materiellen Wettbewerb entstehen können. Allein die soziale Kategorisierung kann bereits in-Gruppen- Voreingenommenheit und intergruppenbezogene Konflikte hervorrufen, wie durch das Minimalgruppenparadigma gezeigt wird.
Menschen gehören mehreren sozialen Gruppen an, und das Erkennen dieser komplexen Identitäten kann die intergruppale Diskriminierung verringern. Soziale Identitätskomplexität bezieht sich auf die Fähigkeit, Überlappungen und Unterschiede zwischen den eigenen mehreren Gruppenzugehörigkeiten wahrzunehmen, was zu positiveren Einstellungen gegenüber Außenstehenden führen kann.
Individuen mit hoher sozialer Identitätskomplexität neigen weniger dazu, sich auf eine einzelne in-Gruppe für ihr Selbstwertgefühl zu verlassen, was zu einer verringerten intergruppalen Diskriminierung und besseren Einstellungen gegenüber Außenstehenden führt. Forschungen zeigen, dass soziale Identitätskomplexität positiv mit Toleranz und intergruppalen Kontakten in Verbindung steht.
Das Modell der gemeinsamen In-Gruppen-Identität schlägt vor, dass die Neudefinition von Gruppenrändern zur Schaffung einer übergeordneten Identität intergruppale Voreingenommenheit reduzieren kann. Dieses Modell kann jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf Mehrheits- und Minderheitsgruppenmitglieder haben, wobei die Mehrheit zur Assimilation neigt und die Minderheit Integration bevorzugt.
Soziale Identität spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der sozialen Existenz von Individuen und deren Beteiligung an intergruppalen Konflikten. Strategien zur Konfliktlösung, wie die Förderung gemeinsamer Identitäten, müssen die unterschiedlichen Auswirkungen auf verschiedene Gruppenmitglieder berücksichtigen, insbesondere in pluralistischen und ungleichen Gesellschaften.
Quellen
1. Van Tongeren, D. R., Burnette, J. L., O’Boyle, E., Worthington, E. L., & Forsyth, D. R. (2013). A meta-analysis of intergroup forgiveness. The Journal of Positive Psychology, 9(1), 81–95. https://doi.org/10.1080/17439760.2013.844268
2. Hewstone, M., Lolliot, S., Swart, H., Myers, E., Voci, A., Al Ramiah, A., & Cairns, E. (2014). Intergroup contact and intergroup conflict. Peace and Conflict: Journal of Peace Psychology, 20(1), 39.
3. Fisher, R. J. (n.d.). Intergroup conflict. In Intergroup Conflict (pp. 176–177). https://ombuds.columbia.edu/sites/default/files/content/pics/30%20Anniv/_Intergroup%20Conflict.pdf-%20Fisher.pdf
4. Ramiah, A. A., Hewstone, M., & Schmid, K. (2011). Social identity and intergroup conflict. Psychological Studies, 56(1), 44–52. https://doi.org/10.1007/s12646-011-0075-0
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